Schaffhausen Schweizerhof – Umbau und Renovation 2010-2014
Kantonale Denkmalpflege Schaffhausen: Flurina Pescatore, lic. phil.
Baubegleitung und Bericht: Renzo Casetti, dipl. Arch. ETH, Zürich
Bauherrschaft: Kornhaus Liegenschaften Schaffhausen AG
Ausführung Architekten: ABR & Partner AG, Schaffhausen
Internetanwendung: www.picofilm.ch
Vergrösserung: Doppelklick auf Abbildungen
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung 4
1.Teil: Unter- und Erdgeschoss 5
1 Die Treppenhäuser
2 Betondecke Erdgeschoss und Stützen
3 «Schlaglichter» zur Geschichte des Hauses 7
Sandstein Eckpfeiler und Schaufenster in die Halle
4 Hinweistafeln auf Fäkalien-Gruben 8
5 Mauerwerk
6 Gipsdecken 1892 und Täferdecken 1956 9
7 Konsol- und Schlusssteine / Sandsteingewände 10
8 Einrichtung Raumaufteilung SPAR 11
9 Gewölberaum (Postomat) und Keller 12
10 Untergeschoss Ausgrabungen und Auffüllung 13
11 Umgebung Hof
2.Teil: 1. und 2. Obergeschoss 14
12 Die Treppen
13 Wände
14 Decken und Böden 16
15 Kamine und Beheizung 17
16 Statische Sanierungsmassnahmen EG, 1. und 2. OG 19
17 Installationen späterer Zeiten: Segen oder Fluch? 20
18 Tapeten 21
3. Teil: Fassaden 22
19 Giebelfassaden Süden und Westen
20 Ansicht Norden 23
21 Ansicht Südwesthof 24
22 Ansicht Osten 25
23 Fenster
24 Steinhauerarbeiten 26
25 Äussere Farbgebung 27
26 Innere Farbgebung
4. Teil: Dachgeschosse
27 Dreigeschossiger Dachstuhl 29
28 Dachstuhlsanierung 30
29 Fassadensicherung 31
30 Dacheindeckung 32
31 Fundgegenstände Vergleichsobjekte der Region 33
32 Zusammenfassung / Schlussfolgerung 35
Wichtige Daten und Quellenlage 37
1-32 Bilderordner DVD
Vorbemerkung zum Denkmalpflegekonzept:
Anstelle einer eigentlichen Bauuntersuchung zum Schweizerhof, vormals
«Scheibenhof» oder «neuer Salzhof» genannt
(1529/30) wurde eine Bestandesaufnahme mit Würdigung des Gebäudes im bewohnten Zustand
1
und eine Dokumentation des Vorzustands mit Schutzumfang und
Erhaltungskatalog im mehrheitlich geräumten Haus
2
erstellt.
Dies
hatte zur Folge, dass erst während der Bauzeit auf die
verschiedensten Gegebenheiten, sprich Überraschungen, reagiert
werden musste. Die Vorahnung des desolaten baulichen Zustands des
Gebäudes an Hand der Erdgeschossdecke bestätigte sich
leider während den Freilegungs- und Abbrucharbeiten auch in den
Obergeschossen. In den drei Dachgeschossen hielten sich die
Reparaturmassnahmen im erwarteten Rahmen. Nichtdestotrotz stiess man
bei Abbruch- und Freilegungsarbeiten auf einige wenige interessante
Baudetails, welche Hinweise auf Entstehung, Konstruktion und das
Schicksal dieses Gebäudes ergaben. Sie zu erhalten und auch zu
zeigen, führte zu einem besonderen Denkmalpflegekonzept. Ich
nenne es «historische
Schlaglichter».
Kein einziger Raum, mit all seinen Oberflächen, war in seiner
ursprünglichen Gestalt noch erhalten. Umso interessanter waren
die Einblicke in Veränderungen des Gebäudes. Diese
Einblicke in die Bausubstanz ermöglichen nun, wenn auch in
bescheidenem Masse, einen interessanten «Lehrpfad» durch
die Geschichte des Hauses.
1.Teil: Unter- und Erdgeschoss
Pläne Bestandesaufnahme3/Ausführungsplan4/Einrichtung Spar5
1 Die Treppenhäuser
Durch die neue horizontale Wohnnutzung in den Obergeschossen gingen die
verschiedenen Erschliessungstreppen der einstigen «Scheibenhäuser»
verloren.
Die beiden neuen, nach heutigen Regeln – brandsicher und in geforderter Treppenbreite – erstellten Treppenhäuser mit Lift, beanspruchen zusammen beinahe die dreifache Fläche der alten Erschliessungen. Das Treppenhaus gegen den Freien-Platz hin ist bewusst, im Hinblick auf den einmaligen Dachstuhl, mit grossem Luftraum und entsprechenden Durchblicken gestaltet. Dank der freiwillig eingebauten Sprinkleranlage kann die fächerartige Balkenlage des Dachgeschosses vom Erdgeschoss aus erahnt werden. Auch wird dadurch die Schrägstellung des Lifts verständlich.
2 Betondecke Erdgeschoss und Stützen
An eine Erhaltung der desolaten Erdgeschoss-Holzbalkendecke im Südflügel
war leider nicht mehr zu denken.
6
Der Einzug einer soliden Ebene zusammen mit den neu betonierten
Treppenhäuser unterstützt die Stabilität des ganzen
Gebäudes bis ins Dachgeschoss. Die Balkenlage war im Bereich der
einst offenen Halle und des späteren Restaurants mehrfach
gebrochen und die Auflager verfault. Im Eckbereich der beiden
Gebäudeflügel war das Gebäude akut einsturzgefährdet.
Die früher eingefügte Stahlkonstruktion war ungenügend.
Gebrochene und fragwürdig geflickte durchgehende Balken waren
keine Seltenheit. Die noch brauchbaren Balken wurden jedoch
ausgelagert.
7
Sie finden teilweise als Estrich-Boden im zweiten Dachgeschoss im
Südflügel wieder eine Verwendung.
8
Um die Nord- und Ostfassade zusätzlich zu sichern wurde die
Betondecke im Bereich der Eingänge Unterstadt 1 und Freier Platz
4 erweitert (vgl. Plan Erdgeschoss). Die vorerst geplante Erhaltung
der teilweise noch an originaler Stelle liegenden Konsolsteine konnte
nicht realisiert werden. Die Statik forderte zu grosse Dimensionen
der neuen Decke. Die ca. 40 cm starke Beton-Platte ermöglichte
die unsichtbare Unterbringung praktisch aller Ablaufrohre der
Wohnungen. Die weiteren Installationen wurden soweit als möglich
an der Deckenmitte angebracht, wodurch auch die Betondecke am Rand
gezeigt werden kann und die belassenen Schlusssteine ihre Wirkungen
weiterhin entfalten können. Die vorgelagerten Betonstützen
der neuen Betondecke wurden handwerklich überarbeitet, d. h.
gestockt. Dies aus Rücksicht auf den handbearbeiteten Sandstein
und zur Verhinderung einer individuellen Farbgebung durch den
Nutzer.
E.03 E.15 1.14 E.17 E.17 E.17 E.17
3 «Schlaglichter» zur Geschichte des Hauses9
Sandstein Eckpfeiler und Schaufenster in die Halle
Bei der Freiräumung des Restaurants erwiesen sich vor allem der
imposante Sandsteineckpfeiler sowie die Sandsteinbögen im oberen
Teil als gut erhalten. Der Bauherr und alle Beteiligten waren von der
Wirkung der verwitterten, immensen einstigen Bollenquader
beeindruckt. Diese freigelegte Ecke gab den Anstoss zu weiteren
Schlaglichtern.
Ihr Zustand bestätigte auch, dass die Halle lange Zeit offen
war. (Bild: Hans Wilhelm Harder 1854). Der Entschluss zu
grossflächigen Verglasungen war damit gefallen. Diese passen
weit besser zur einstigen Lager- und Markthalle, als die vorgesehene
Sprossenteilung. Der innenliegende Sonnenschutz erfolgt von unten
nach oben und stellt weder von innen noch von aussen eine
Beeinträchtigung der historischen Halle dar. Ein interessantes
Detail: Die Ladengeschäfte aus dem Jahr 1892 hatten ihre
Rollläden auch unten in der Brüstung versteckt im Gegensatz
zum Eingabeplan 1892.
E.03 E.03 E.17 E.07 E.12 E.17 Dok
4 Hinweistafeln auf Fäkalien-Gruben
An der Innenwand des Westflügels befindet sich südseitig eine
1936 freigelegte bzw. kopierte Sandsteintafel mit dem Hinweistext auf
eine «Ertzgrube» aus dem Jahr 1561. Bei der aktuellen
Renovation wurde die zweite in den Quellen erwähnte Tafel an der
westlichen Innenwand des Südflügels entdeckt und ebenfalls
freigelegt
10
.
Beide Hinweistafeln sind am vorgefundenen Ort erhalten geblieben. Die
interessantere ist im Original, mit allen Altersspuren, zurzeit
geschützt hinter den Kühlregalen versteckt. Dagegen ist
die Erste in einer Nische im westlichen Treppenhaus sichtbar. Diese
Tafel ist eine Kopie.
11
Die Öffnung in der neuen Treppenhauswand erlaubt zudem einen
Blick auf die originale innere Tragwand aus der Erbauungszeit.
5 Mauerwerk Allzu oft haben Bauherrschaft, Bauführung und weitere am Bau Beteiligte vor der inneren Tragmauer des Ostflügels gestanden, gestaunt und gerätselt, was da wohl alles verbaut wurde – vor 500 Jahren! Das unverputzte Feld gibt einen Einblick in diese vielfältige Vergangenheit. Wiederverwendungen von Baumaterial waren damals eine Selbstverständlichkeit. Bei den neuen Durchbrüchen fällt die Stärke der inneren Tragwand besonders auf. Sie hat nur die Höhe des Erdgeschosses. Die innen errichteten Zwischenwände sind leichter in Fachwerkbauweise konstruiert. Die Materialen der Ausfachungen bestehen aus Bruch- oder Ziegelsteinen. Im 1. Obergeschoss im Raum 1.11 fand man zwei Sinnsprüche. Diese wichtige Entdeckung ergab ein weiteres „Schlaglicht“. In den Räumen 1.17, 1.18, 1.26, 1.29, 1,31 sowie im Treppenhaus des Südflügels finden sich weitere Einblicke in die verschiedenen Konstruktionsarten der Wände und Decken.
6 Decken Gips- 1892 und Täfer 1956 Die Gipsdecke über dem legendären Tabakladen wollte man vorerst erhalten. Sie wurde jedoch rekonstruiert. Die Kontrolle der Balkenlage drängte sich auf. Sie bedurfte keiner Verstärkung, dafür kam eine Streifbalkensanierung aus dem Jahr 1893 zum Vorschein. Im Kontrast zur roh belassenen Betondecke im Eingangsbereich, verweist diese Lösung nun auf die ehemals kleineren Räume. Die verlorene Gipsdecke im Restaurantbereich hatte keine Deckenmalerei, dafür erhielt sie im Laufe der Zeit eine eindrucksvolle Nikotinpatina. Alle vorhandenen Gipsdecken wurden rekonstruiert. Einzig in einem Raum (1.07) konnte das Original erhalten werden. Die Rekonstruktion wurde nicht gezogen sondern zusammengesetzt.(2.07)
Zu den fragmentarisch erhaltenen Malereien aus dem späten 19. Jahrhundert an den Gipsdecken im Südteil des Westflügels liegen zwei Fachmeinungen vor. 12 Beide vertreten die Ansicht, dass es sich dabei um ein erhaltenswertes Kulturgut handelt. Ein «Schlaglicht» konnte auch hier gezeigt werden. Man hat sich auf die aussagekräftigste und am wenigsten beschädigte Stelle beschränkt. Die ganze übrige Decke wurde wie vorgefunden im Abstand des Randprofils abgedeckt. Die Malereien wurden vermutlich in den 1950er Jahren mit einer Calicot-Bespannung vollflächig überklebt. Bei der unsachgemässen Ablösung gingen leider sehr viele Farbstellen verloren. Die Decke liesse sich aber auf Grund der noch vorhandenen Unterlagen rekonstruieren. Das Fenster ergibt nun wenigstens einen winzigen Blick in den einstigen Tanzsaal. Der Entstehung dieser Malerei und der Suche von Parallelbeispielen in Schaffhausen müsste noch nachgegangen werden. Eigentliche Schutzmassnahmen stehen noch aus. Auch die schlicht profilierte Gipsdecke im Südflügel wurde 1956 durch eine gebogene Fastäferdecke verdeckt und dabei reichlich beschädigt. Die statischen Verhältnisse erforderten wie bereits erwähnt die Entfernung beider Decken.
7 Konsol- und Schlusssteine / Sandsteingewände Diverse Konsol- und Gewölbe-Schlusssteine haben an den verschiedensten Orten und Lagen verschiedenste bauliche Eingriffe überlebt. Einige von ihnen sind noch integral erhalten, etliche sind beschädigt, fehlen ganz oder aber es gab sie nie (Torbogen 1956). An diesen Bauteilen wurde nichts verändert. Man beliess sie im angetroffenen Zustand. Bereits früher drängten sich Massnahmen zur Sanierung von Konsolsteinen auf, denn die Abstützung der Streifbalken war für die Beständigkeit des Gebäudes lebenswichtig. Sandsteingewände in den Aussenmauern entlang der Unterstadt und des Freien Platzes belegen auch hier weitere Bogenöffnungen. 13 Grundsätzlich beliess man diese Spuren in den Mauern. So sind auch die Bogenansätze noch erkennbar.
8 Einrichtung Raumaufteilung SPAR Wie weit hat die Denkmalpflege Einfluss auf Einrichtung und Erscheinungsbild eines Nutzers? Das Konfliktpotential mit der Denkmalpflege war dank der grundsätzlichen Wertschätzung der Räumlichkeiten durch den neuen Nutzer verkraftbar. Drei grosse Durchbrüche durch die mittleren Tragwände von 1529 waren unumgänglich. Alle grossen Öffnungen in massivem Mauerwerk erfolgten früher mittels Rundbögen. Die geraden Stürze entsprächen den Massnahmen des Schaufenstereinbaus entlang der Unterstadt 1896. Weitere bauliche Änderungen erfolgten, um z. B. die Wirkung des imposanten Eckpeilers nicht zu beeinträchtigen. Im Bezug auf die Einrichtung und Organisation war der Einfluss beschränkt. So war es nicht möglich, das grosse Gestell an der Westseite in zwei kleinere aufzuteilen um bei jedem Fenster einen Ausblick zu erhalten. Das intensive Farbkonzept und die Materialpalette von SPAR vertragen sich mit dem neuen, alten Raum und seiner Gestalt dagegen nicht schlecht. Die wichtigsten Infrastrukturinstallationen sind in der Mitte an der Decke unter einer Blende angeordnet, damit die historischen Wände und Bögen nicht allzu stark beeinträchtigt werden.
9 Gewölberaum (Postomat) und Keller Im Anschluss an die offene Lagerhalle befindet sich im Südflügel der einzige Gewölberaum im ganzen Gebäude. Als feuer- und einbruchsicherer Ort diente er vermutlich als Tresorraum. Heute befindet sich darin sinnigerweise ein Postomat. Schräg darunter, in Richtung Norden, liegt ein älterer Keller, in Richtung Süden ein 1956 errichteter Bierkeller.
10 Untergeschoss Ausgrabungen und Auffüllung Die archäologischen Grabungen legten die Grundmauern der Vorgängerbauten frei (vgl. Plan Untergeschoss). In einem kurzen Bereich der inneren Tragwand des Südflügels sind sie deckungsgleich und auch die Südostecke steht auf der Grundmauer des Vorgängerbaus. Das Haus wurde 1529 aber von Grund auf neu erstellt. 14 Im Hinblick auf eine möglichst vielfältige Nutzung des Gebäudes wurde sicherheitshalber eine grosszügige Unterkellerung des ganzen Hofes geplant, was weitreichende archäologische Grabungen ermöglichte. Im Laufe der Zeit zeigte sich jedoch, dass diese teure Unterkellerung nicht absolut notwendig war. Die archäologischen Untersuchungen sind nun abgeschlossen, ohne dass die Funde zerstört wurden. Diese sehr seltene Situation hat auch einen denkmalpflegerischen Vorteil: Im Hof könnten wieder Bäume gepflanzt werden. Der 1956 erstellte kleine Bierkeller wurde wieder aufgefüllt und die Hurdisdecke entfernt. Neu unterkellert wurde schliesslich nur der Südteil des Westflügels. Er beherbergt die Nebenräume der zehn Wohnungen, die Energiezentrale sowie die Kühlräume von SPAR.
11 Umgebung Hof
Im Hof standen noch fünf von ursprünglich sechs ca. siebzig
jährigen Rosskastanien. Ein unsachlicher Kopfbaumschnitt
verursachte bei einigen Bäumen eingefaulte Klappstellen. Eine
Terrainerhöhung um fünfzig Zentimeter und die Schaffung
eines Kiesplatzes mit Verkehr zeigten ihre Folgen an den Pflanzen.
Die Wunden der Anfahrschäden verfaulten ebenfalls und die Bäume
verwurzelten stark, sodass an eine Absenkung des Platzes auf das
Strassenniveau nicht mehr zu denken war.
Das, von der Bauherrschaft in Auftrag gegebene Fachgutachten, rät von
einer Erhaltung der Kastanien ab und empfiehlt eine Neupflanzung.
15
2.Teil: 1. und 2. Obergeschoss
12 Die Treppen Es gab keine zwei gleichen Treppenläufe in diesem Gebäude. Einzig die Treppen bei den Giebelfassaden führten gradläufig und übereinanderliegend in das Dachgeschoss. Das hing vermutlich mit den Aufzugsöffnungen an den südlichen Giebelfassaden zusammen. Die vielen unterschiedlichen Treppen erschwerten die Orientierung im ganzen Gebäude. Viele originale, stark abgetretene Stufen waren noch vorhanden und wurden früher nach Bedarf aufgedoppelt. Die einst vornehmste, als einzige nur in einem Geschoss um einen Viertel gewendelte Treppe des Hauses Unterstadt 5 ist aus handwerklicher Sicht wohl einer der grösseren Verluste, obwohl sie nicht aus der Erbauungszeit des Gebäudes stammen dürfte. Dafür hat eine einzige ehemalige Erschliessung des Hauses Freier Platz 4 in räumlicher Hinsicht ansatzweise «überlebt». Der sehr schmale Treppenraum ist in der neuen Wohnung noch erlebbar. (2.21) Er lässt sich schwer möblieren, ergibt aber eine sehr interessante Lichtführung in den tiefen Grundriss der neuen Wohnung.
1.18 1.09 1.09 DW 1.25 2.21 2.21 E.19 2.10
13 Wände Ab dem 1. Obergeschoss handelt es sich um einen Riegelbau mit massiven Aussenmauern. Die Ausfachungen der Binnenmauern bestehen aus verputzten Bruchsteinen und verschiedenen Ziegelsteinarten in verschiedenster Verarbeitung. Einzige Ausnahme bildet die massive Zwischenwand des ersten und zweiten Hausteils des Westflügels. Im ganzen Gebäude wurden im Laufe der Zeit an den Wänden kleine Veränderungen vorgenommen, nicht immer zum Vorteil der Statik. Da die dendrochronologischen Datierungen 16 des Holzwerks jedoch sehr einheitlich sind, treffen wir hier auf eine bald 500-jährige weitgehende intakte Raumstruktur. Ganz wenige Hölzer stammen aus dem 17./18. Jahrhundert. Vereinzelt kamen Wände mit bemalten Ausfachungen zu Tage. Zwei Sinnsprüche bilden den Höhepunkt der Funde aus dem 18. Jahrhundert? 17 Einer liess sich bis jetzt entziffern:
«Den besten Fründ den du magst han
Der wird dich nüd Im tod will lon
Das ist Gott lieb der in Begertt
Die andern Fründt seind nichtes wert.»
Diese Entdeckung verursachte eine grössere Projektänderung, damit diese Wand integral erhalten werden konnte.
1.31 2.01 1.11 1.11 1.11 2.36 1.23 1.17 DW DW
14 Decken und Böden
Interessant ist die unterschiedliche Anordnung der Balkenlagen im Erd-, 1. und 2.
Obergeschoss. Im Erdgeschoss stossen die Balken im Scheitel des
Flügelbaus auf Gehrung aufeinander, während sie im 2.
Obergeschoss gefächert über den Scheitel hinweg verlegt
wurden. Im 1. Obergeschoss wurde nur im Westflügel die Fächerung
übernommen. Im Südflügel verlaufen die Balken
senkrecht zur Aussenwand.
18
Besonders eindrücklich sind die minimale Behandlung der Stämme
und die wechselseitige Verlegung der durchgehenden Balken in allen
Geschossen. Das Oben und Unten der ganzen Stämme ist sichtbar.
Originale Decken aus der Erbauungszeit waren nirgends mehr
anzutreffen. Etliche Böden und Blindböden mit Deckleisten
aus der Erbauungszeit dagegen waren noch vorhanden und einst auch
sichtbar. Sie wurden zum Teil mehrfach überstrichen.
Die Stuckdecken aus dem 18. Jahrhundert (?) im 2. Obergeschoss wurden mit
einer Ausnahme kopiert. Ihr baulicher Zustand rechtfertigte keine
Erhaltung mehr. Zusätzliche Feuchtigkeitsschäden während
der Bauzeit setzten ihr zu.
Im Westflügel blieben die Blindböden etwa zur Hälfte
erhalten. Verschiedenste Setzungen ergaben im Laufe der Zeit sehr
grosse, bis ca. 30 cm hohe Niveaudifferenzen. Im Hinblick auf
die neue horizontale Nutzung der Geschosse, stellte dies eines der
schwierigsten Probleme dar. Dank der relativ gut bemessenen
Geschosshöhen und einigen unvermeidlichen Schwellen und Stufen
ist die Situation jedoch tragbar. Früher wurden alte Böden
belassen und weitere daraufgelegt. Es gab Stellen mit vier
Generationen Bretterböden. Im ersten Hausteil des Westflügels
wurde Spreu und Stroh als Auffüllung benutzt. Einige Böden
wurden unter Verwendung des noch vorhandenen und brauchbaren
Materials ersetzt. Um die Schüttung gegen unten zu isolieren
verwendete man auch Zeitungen. Dank einer Todesanzeige in der NZZ
konnte die Massnahme ins Jahr 1892 datiert werden. (NZZ Nr. 54).
1.18 1.32 1.11 1.29 2.06 1.33 1.33
15 Kamine und Beheizung Die Hauptkamine belegen die Quellen, wonach es sich um sieben Behausungen handelte. 19 Die Öfen waren meistens kombiniert mit einem offenen Rauchfang in der Küche. Beim grössten Kamin im Scheitel der beiden Flügel liess sich das noch nachvollziehen. Der Kamin endet im 1. Obergeschoss (Kachelofen und Alkove später?). Die noch vorhandenen Kachelöfen stammten alle aus dem 19. Jahrhundert. Zwei wurden abgebaut und eingelagert. Der Letzte, ohne Heizfunktion, sollte als Schlaglicht erhalten bleiben. Beim Schlussausbau erwies sich das Unterfangen jedoch als wenig sinnvoll. In dem ursprünglichen Zustand wurde nur im 1. Obergeschoss geheizt. Die späteren Etagenwohnungen wurden mittels verschiedenen sehr zweifelhaften Heizsystemen beheizt. Von Zimmeröfen mit z.T. jüngeren Kaminen über eine partielle Ölzentral- bis zu Gasheizungen waren anzutreffen. Etliche Installationen müssten aus heutiger Sicht als fahrlässig bezeichnet werden.
3.02 2.22 1.24 2.20 1.13 1.30 1.05 1.32 1.32 1.28 1.06 2.21 1.22 3.30DG
16 Statische Sanierungsmassnahmen EG, 1. und 2. OG
Im Zustand der freigelegten Balkendecken kamen viele abgefaulte Auflager
an den Aussenfassaden zum Vorschein. In den meisten Fällen
wurden sie mittels neuen Zangen saniert d.h. wieder verlängert.
20
Viele Reparaturen zur Sicherung der Statik bei Umbauten in früheren
Zeiten zeigten, dass das Gebäude schon früher diesbezüglich
Probleme aufwies.
Eine massive Sanierung erfolgte zur Rettung der einsturzgefährdeten
zwei gotischen Fenster im ersten Geschoss des Westflügels. Ein
über beide Öffnungen durchgehender Stahlträger wird
von einem konisch nach oben breiter werdenden extrem massiven
Betonpfeiler abgestützt. Aus Respekt einem noch grösseren
Eingriff, wurde diese Massnahme nicht rückgängig gemacht.
1.20 1.31 2.27 2.25 2.11 1.29 1.01 1.01 1.01
17 Installationen späterer Zeiten
Viele kleinere und grössere individuelle Massnahmen haben der
Originalsubstanz arg zugesetzt. Vor allem hatten sehr improvisierte
Sanitär-, Elektro-, Lüftungs- und Heizungsinstallationen
massiven Einfluss ins Gefüge des wertvollen Hauses genommen. Ein
verkehrt eingebauter Kühlschrank beispielsweise bedeutete einen
brandgefährlichen Pfusch. Die Leitungen folgten dem Weg des
geringsten Widerstandes. Viele Menschen haben aber nichts destotrotz
grosse Einschränkungen im Wohnkomfort in Kauf genommen und das
Gebäude damit am Leben erhalten.
1.08 2.21 2.32 1.14 1.28 1.03 2.28 2.04 E.08 E.16 2.06 1.27 E.18 1.10 2.11
18 Tapeten
Im Eckzimmer Freier Platz / Unterstadt des 2. Obergeschosses kamen die
ältesten Tapeten zum Vorschein. Die Erste wurde direkt auf die
ausgefachte Riegelwand, den Aussenmauerverputz, sowie die
Bohlenzwischenwand appliziert. Auf der Rückseite der Bohlenwand
befanden sich zwei weitere Tapeten. Eine beidseitig tapezierte Bohle
konnte in letzter Minute noch sichergestellt werden? Ein Grundpapier
besitzt das Datum 28. April 1887. Bei einer weiteren Tapete sind
sogar die genaue Kollektion sowie die Auflage bekannt; 1895 kostete
eine Rolle Fr. 1.45.
21
2.23 2.23 2.23 2.25 2.25 2.23 2.14
3. Teil: Fassaden
19 Giebelfassaden Süden und Westen
Das L-förmige Gebäude besitzt kopfseitig zwei Treppengiebel und
vier traufseitige Fassaden. Einzig die südliche und westliche
Giebelfassade sind im Kontext des ursprünglichen Gebäudes
im Gassenraum heute noch erlebbar. Durch die Abbrüche zur
Schaffung des Freien Platzes und der dem Verkehr geopferten
rheinseitigen Gebäude haben die Ost- und Südansicht stark
an Bedeutung gewonnen.
22
Rückfassaden wurden zu Hauptansichten. Die Wirkung des grossen
Daches kommt erst dadurch zur Geltung. Die Treppengiebel-fassaden
erhöhte man, um die Isolationsstärke (20cm). Beide einst
zugemauerten Bogentoröffnungen im ersten Dachgeschoss des
Südflügels und im zweiten Dachgeschoss des Westflügels
wurden wieder geöffnet, jene gegen den Rhein als zusätzliche
Lichtquelle und jene zum Läufergässli als Zuluft der
Klimaanlage. Um den Hof nicht mit einem zusätzlichen
Nebengebäude zu verstellen, wurde die Klimaanlage auf die
Nordseite ins zweite Dachgeschoss verlegt. Bei der Öffnung auf
der Südseite wurde auf die Entfernung eines später
eingebauten Sturzes aus statischen Überlegungen verzichtet, ein
Hinweis vielleicht, dass sich in diesem Gebäude etliche
Ungereimtheiten im Laufe der Zeit angesammelt haben. Bei einem
Fenster existiert noch ein Holzgewände, bei welchem die Sohlbank
nun in Sandstein ersetzt wurde. Der Eingang Unterstadt 10 wurde
vermutlich unter Verwendung der bestehenden Türe 1892 ins
Läufergässchen versetzt.
23
Der Verputz aus den 1950er Jahren wurde belassen.
20 Ansicht Norden mit Veränderungen
Die Nordfassade wurde nicht verändert, der Verputz jedoch erneuert.
Der Eingang Unterstadt 1 wurde stillgelegt und liegt, nach aussen
sichtbar, hinter den Regalen von SPAR. Der ehemalige Eingang 3 wurde
ins Schaufenster integriert. Der später angebrachte Verputz wies
Hohlstellen auf und wurde einmal mehr erneuert. Der Bruch des
Gesimses bei den 3- und 4-teiligen Fenstern im 1. Obergeschoss des
Westflügels (1.01) zeigt, dass die Fenster später verändert
wurden. Die ursprünglichen Fenster waren kleiner und zwei- bzw.
vierteilig. Dies entsprach der Fensterteilung der anderen Häuser.
Die teilweise Freilegung im Innern zeigt den unpassenden Stichbogen.
Der noch vorhandene Schlussstein lag damals zwischen den Fenstern
bzw. den Räumen wie bei den andern entsprechender Häuser.
Die Belichtung mit je einem einteiligen und zweiteiligen Fenster
entsprach damit jener des Eckzimmers gegen den Freier Platz.
NW 1.01 1.01 1.01 1.01 1.01 N N N
21 Ansicht Südwesthof mit Veränderung
Vor- und Nachzustand des Südwesthofes unterscheiden sich kaum
merklich. Die Dachfläche wurde durch die neue Lichtführung
etwas unruhiger. Die beiden übereinanderliegenden Fenster in der
Ecke im Westflügel wurden verändert. Jenes im 2. Oberschoss
wurde um einen Drittel vergrössert. Die prekären
Lichtverhältnisse im Innern erforderten diese Massnahme. Um die
sehr regelmässigen Übereinstimmungen von Form und Anordnung
der Fenster in den beiden Geschossen nicht zu stören, wurde
jenes im ersten Geschoss als blindes Fenster konzipiert. Aus
statischen Gründen konnte es nicht geöffnet werden. Die
Lichtverhältnisse machten dies auch nicht unbedingt notwendig.
Am Südflügel wurden im 1. Obergeschoss zwei Fenstergewände
wieder in den originalen Zustand gebracht. Hofseitig wurde das ganze
arg beschädigte und z.T. mit Zement geflickte Kranzgesims wieder
durchgängig in Sandstein erneuert. Dasselbe gilt auch für
den Verputz. Im rohen Zustand zeigte sich, dass Bruch- und
Ziegelsteinmaterial verwendet wurde. Der westliche Eckpfeiler bei der
Giebelsüdfassade wurde nicht gestrichen und bildet das geflickte
Pendant zum Eckpfeiler im Innern. Die etwas höheren neuen
Dachgauben befinden sich an selber Stelle wie die alten. Eine
zusätzliche Gaube im Westflügel kompensiert den
Lichtverlust durch die Verlegung der Klimaanlage ins zweite
Dachgeschoss.
22 Ansicht Osten
Hier wurde an der Architektur nichts verändert. Der Verputz blieb
erhalten. Alle Sandsteingewände wurden abgelaugt und wieder
steingrau gestrichen. Auf die Wiederherstellung der Läden wurde
aus betrieblichen Gründen bei den Staffelfenstern verzichtet.
Sie waren bereits seit langer Zeit nicht mehr vorhanden. Die
Beschläge und Rückhalter wurden jedoch belassen. Der
einzige Gewölberaum des Gebäudes im Erdgeschoss wurde bei
den Umbauarbeiten nicht tangiert. Darin befindet sich der Postomat.
Eine Rekonstruktion der Landsknechtgruppe passte nicht in das Konzept
der Erhaltung des Status quo.
Sie wurden mehrmals erneuert und 1965 durch den neuen Verputz in
fragmentarischem Zustand ganz entfernt.
24
Darunter sollen sich früher einmal Tierdarstellungen befunden
haben.
25
Spuren können keine mehr ausfindig gemacht werden. Die
beidseitige Sichtbarkeit der Eckquader wurde aus ästhetischen
Gründen an der Nordostecke bis ins 2. Obergeschoss
weitergeführt. Auf Gauben im 2. Dachgeschoss wurde zu Gunsten
des Ortsbildschutzes verzichtet.
23 Fenster
Die Fenster bildeten an diesem Gebäude leider kein Thema mehr. Allzu
viele Typen in geringer Qualität und schlechtem Zustand waren
vorhanden. Vom herkömmlichen Sprossenfenster über
Vorfenster der zweiten Generation, Doppelverglasungen bis zum
Plastikfenster mit innenliegenden Sprossen und markiertem Kämpfer
an der ganzen Ostseite. Bei der nun durchgehend neuen Fensterlösung
hat man sich für Holzfenster mit dreiteiligen, festen und
aussenliegenden Sprossen entschieden.
26
24 Steinhauerarbeiten
Die Steinhauerarbeiten erfolgten sehr substanzschonend. Ersatzwerkstücke,
Führungen oder Aufmodellierungen kamen je nach Gegebenheit und
Erhaltungszustand des Sandsteins zur Anwendung. Das Schadenbild war
gesamthaft nicht schlecht. Viele Fenstergewände wiesen bereits
Reparaturstellen aus verschiedensten Zeiten in verschiedensten
Qualitäten auf. Nicht alle betonierten Ersatzstücke der
Gesimse wurden ersetzt. Anhand von Bemusterungen wurde der
Unternehmer bestimmt.
27
Dem Wunsch nach Steinsichtigkeit wurde nicht entsprochen, da nach
Ablaugung aller Farbschichten die Gesamtwirkung nicht befriedigte.
Der Stein wurde wieder gestrichen.
25 Äussere Farbgebung
Unterschiedlich viele Farbanstriche wurden an den verschiedenen Fassaden angetroffen.
Die ältesten Farbreste waren auf den Hoffassaden unter dem
Dachvorsprung noch auszumachen. Ursprünglich wollte man sich
strikte an die bestehende Putzfarbe halten. Grau der Ost bzw. Gelb
der Nordfassade stand zur Auswahl. Nach verschiedenen Bemusterungen
und einigen Beobachtungen in der Umgebung (das gelbe Schulhaus)
verzichtete man aber auf Gelb und Grau zu Gunsten der Farbe des
hellen Putzes. Die Farbe der Fenster passt dazu, obwohl sie noch im
Zuge des Gelbtones festgelegt und nicht mehr rückgängig
gemacht werden konnte. Das Holzwerk der alten Hauseingangstüren
wurde heller gestrichen, damit die Profilierung besser zur Geltung
kommt.
26 Innere Farbgebung
Ganz vereinzelt stiess man auf Fragmente von Wandbemalungen. Die sehr
verschiedenen Täfer aus verschiedenen Zeiten mit mehrfachen
Übermalungen verursachten einiges Kopfzerbrechen. Nach
verschiedenen einzelnen Bemusterungen, einigte man sich auf ein
helles Grau, weil eine individuelle Behandlung im Rahmen dieser
Gesamtsanierung von Mietwohnungen fraglich erschien. Als weiteres
„Schlaglicht“ sind im Raum … ein Wand- und
Deckenfeld des Täfers freigelegt. Die eindrückliche Grösse
der ursprünglichen Bretter und ihrer Originaloberfläche
sind interessant.
4. Teil: Dachgeschosse
27 Dreigeschossiger Dachstuhl
Der dreigeschossige Dachstuhl bildet ohne Zweifel den
aussergewöhnlichsten Teil des ganzen Gebäudes. Seine
gefächerten Balken- und Sparrenlagen finden kein Seinesgleichen
weit und breit. Eine Erklärung darauf zu finden ist nicht
einfach. Die eindrückliche Hängekonstuktion, um einen
stützenfreien Lagerraum im 1. Dachgeschoss zu erhalten, ist
unklar. Einige Kriterien gibt es zu bedenken: Das Eigengewicht des
doppelt gedeckten Dachstuhls, die Entlastung des ersten Dachbodens
(liegender Dachstuhl) sowie das Gewicht des Lagergutes im ersten und
zweiten Dachgeschosses. Holz war mehr als genug vorhanden
28
und die Bauzeit sehr kurz bemessen. Die minimal bearbeiteten Balken
und ihre geringen Abstände zeigen dies. Das erste Dachgeschoss
ist somit stützenfrei und das zweite kann, dank der Steilheit
des Daches, ebenfalls gut genutzt werden. Der Kehlboden bietet nun
genügend Platz für die grossen Installationen der
Lüftungsanlage. Um die alte Sparrenlage integral sichtbar zu
erhalten wurden sie aufgedoppelt. Im Abstand von zwei Metern wurden
sie miteinander verschraubt. Die massive, zu den Aussenwänden
parallel verlaufende Innenwand ist, wie bereits erwähnt, nur
eingeschossig und liegt nicht genau unter dem First des Gebäudes.
Sie trägt keine Dachlasten.
Auch hier folgte die Revitalisierung weitgehend dem Konzept Status
Quo. Dies führte zu erheblichen
Schwierigkeiten bei der Belichtung der neuen Nutzflächen. Analog
den alten Gauben wurden auch die neuen schräg versetzt, um den
schrägen Sparren Rechnung zu tragen. Die Öffnungen der
Dachdurchbrüche der abgebrochenen Kamine bilden eine
überraschende Lichtquelle und veranschaulichen im Innern die
immense Höhe und Steilheit dieses einzigartigen Dachs. Das
Streiflicht bringt die Oberflächen der 500-jährigen
Balken zur Wirkung.
29
Ursprünglich war geplant, alle noch brauchbaren Balken der
Erdgeschossdecke im Galeriegeschoss wieder zu verwenden. Der Aufwand
erwies sich leider als zu gross, sodass nun lediglich vier Felder im
Südflügel mit 500-jährigem Holz neu
belegt sind. Die originalen Bretter des Dachbodens konnten leider
weder erhalten noch wieder verwendet werden.
28 Dachstuhlsanierung
Die Stabilisierungsmassnahmen erfolgten nach dem Prinzip des minimalen
Eingriffs. Dabei kamen Metallteile und Ersatzhölzer zur
Anwendung, wie in früheren Zeiten auch. Weil sich der Dachstuhl
als Ganzes in einem, seinem Alter entsprechend sehr guten Zustand
befand, hielten sich die Einzelmassnahmen im Rahmen.
30
Die Verstärkung der Hängepfosten 1, 2 und 3 sowie der
Grat/Kehlbinders erfolgten mittels Stahlteilen. Diese Massnahmen sind
platzsparender und kostengünstiger. Die zweiteiligen
Hängepfosten halten zangenartig den doppelten Längsträger.
Der „Obergurt“ ist etwas breiter, sodass beide Balken
separat vom Vorholz der Hängepfosten gehalten werden. Nur zwei
Holzzapfen dienen der Sicherung der beiden Balken unterhalb des
Längsträgers. Einige Vorhölzer waren gebrochen. So
mussten alle frei hängenden Pfosten in diesem Punkt verstärkt
werden. Die übrigen wurden mit Neubauteilen teilweise gestützt.
Wenn diese Balkenquerschnitte auch nicht mehr ganz sichtbar sind, so
blieben sie wenigsten erhalten. Eine spezielle Massnahme bildet dabei
ein Betonpfeiler, der durch das ganze Gebäude verläuft
31
.
Er ermöglicht, dass unter dem augenfälligsten und
wichtigsten Hängepfosten 2 in der Mitte des Gebäudes keine
zusätzliche Stützmassnahme benötigt wurde. Auch dieser
wurde, unter Verlust des Vorholzes, mit Metallplatten verstärkt.
32
29 Fassadensicherung
Die beiden Giebelfassaden waren ungenügend gesichert, die
Westfassade sogar akut gefährdet. Die bestehenden Verankerungen
auf der Ebene des Kehlbodens waren ungenügend. Beide
Giebelfassaden sind nun über die Dachfläche und die Böden
des ersten und zweiten Dachgeschosses verankert. Die belassene alte
Sicherungsart bietet einen interessanten Vergleich. Sie wirkt sehr
dürftig.
30 Dacheindeckung
Die Dachflächen gegen den freien Platz und gegen den Rhein bilden
den wohl wichtigsten ästhetischen Aspekt für das Stadtbild
von Schaffhausen. Die Wiederverwendung der vorhandenen Ziegel war
einer der entscheidendsten Schritte zu Gunsten des Ortsbildes. Das
vorhandene Material reichte aus, weil das Dach mit neuem Unterdach
nur noch einfach eingedeckt wurde. Auf dem Dach befinden sich heute
noch 17500 der ursprünglichen 28000 Ziegel.
33
Die Dachflächen wurden ständig in Stand gehalten und mit
den verschiedensten Biberschwanz-Ziegelarten ergänzt. Die Ziegel
verschiedenen Alters verleihen dem Dach seine Lebendigkeit und
Masstäblichkeit. Die Einfachdeckung wurde in früheren
Zeiten vorwiegend bei Nebenbauten verwendet. Im Bereich von vier
Feldern des Südflügels sind die alten Dachlatten als
weiteres Schlaglicht
noch erhalten. Sie zeigen authentisch, dass das Dach einst doppelt
gedeckt war.
31 Fundgegenstände
Religiöses Nebo 1728
Freude unter uns / an der unseligen Pein und Qual der Verdammten / von dero
wir erlöstet sind. Freude neben uns / an der schönen und
himmlischen Wohnung / an der erwünschten Gesellschaft aller h.
Engeln und Menschen.“
Vergleichsobjekte in der Region
32 Zusammenfassung
Eine Gesamterneuerung in diesem Umfang bringt sehr viele Überraschungen.
Sehr viele Menschen haben sich bereits mit diesem Gebäude
auseinandergesetzt und ihre persönlichen Spuren hinterlassen.
Jeder hat mitgeholfen, das Gebäude am Leben zu erhalten. So ist
ein Gebäude nie fertig, es sei denn, es wird abgebrochen.
Unzählige interessante Spuren aus den unterschiedlichsten Zeiten
überlebten und gingen dabei aber immer auch wieder verloren. Die
Devise dieser Renovation lautete nicht, einen bestimmten Zustand des
Gebäudes speziell hervorzuheben. Im Gegenteil: Allen
Veränderungen wurde in gewisser Weise Rechnung getragen, wobei
der angetroffene Zustand die Hauptrolle spielte. 1892 erfuhr das
Gebäude erhebliche Veränderungen vor allem im Erdgeschoss.
Gegen die Unterstadt wurden die Rundbogenöffnungen durch
moderne rechteckige Schaufenster ersetzt. Zwei originale Eingänge
zur Unterstadt hin blieben jedoch erhalten.
Schlussfolgerungen
wichtige Daten:
Die Quellenlage 30.
Oktober 2014
Fussnoten
1
Maya Orbann, Der Schweizerhof in Schaffhausen, Diplomarbeit
ETH-Zürich, April 2008
2
Renzo Casetti, Schaffhausen Schweizerhof Umbau und Renovation,
Erhaltungskatalog / Schutzumfang
3
ARB Partner Architekten Schaffhausen Pläne vom 29.08 2009
4
ARB Partner Architekten Schaffhausen.
5
Spar Express Schaffhausen Schweizerhof Projektdokumentation Atelier
dipl. Ing. Bernhard Bügelmayer.
6
Stellungnahme Revitalisierung Schweizerhof, Schaffhausen, Wüst
Rellstab Schmid AG, 30. Juli 2012 und
Renzo Casetti; Stellungnahme von Renzo Casetti vom
7.8.2012 z.Hd. der kantonalen Denkmalpflege SH.
7
In der Sägerei Tanner in Merishausen.
8
Nägel und Eisenteile erschwerten leider den Schnitt, sodass man
die gut gemeinte Übung nicht zu Ende bringen konnte.
9
In den Plänen jeweils mit Grün bezeichnete Stellen
(Wandteile und Balken)
10
Frauenfelder Reinhard, Die Kunstdenkmäler des Kantons
Schaffhausen, Basel 1959, S. 239 ff.
11
Gemäss Handnotiz von Harder? 1936 befand sich die ursprüngliche
Tafel an der Nord-Fassade zur Unterstadt.
12
Kihm Restauro, Schweizerhof Schaffhausen, Winterthur; Kaufmann
Michael. Atelier für Restaurierungen Muri, 6. Juni 2013.
13
Vgl. Bericht Kurt Bänteli, Archäologie Schaffhausen.
14
Vgl. Bericht Kurt Bänteli, Archäologie Schaffhausen folgt Vgl.
Schaffhausen um 1200 – Nach der Boomstadt der Nellenberger
eine mittelalterliche Stadt wie andere auch, Schaffhausen ….
15
Vgl. Bericht BAUMBÜRO, Zürich 2010
16
Es gibt zwei Untersuchungen : Dach: Dendron, raymond kontic,
Basel 2008. – Wände: Stadt Zürich, Amt für
Städtebau, Labor für Dendrochronologie Zürich 2011.
17
Vgl. Bericht und Entzifferung Kihm Restauro, Kollbrunn 2011.
18
Renzo Casetti, Schaffhausen Schweizerhof, Umbau und Renovation,
Erhaltungskatalog / Schutzumfang
13.
März 2012 .
19
Vgl. Bericht Kurt Bänteli, Archäologie Schaffhausen …
Einwohnerverzeichnis …?
20
Vgl. Pläne Krattiger AG Ingenieurbüro für Holzbau
21
Das Unternehmen wurde 1888 als Tapetenmanufaktur in Basel gegründet.
Mit der Zeit entwickelte sich der Handel mit Tapeten zur
Haupttätigkeit und die Produktion wurde in den 1960er Jahren
eingestellt. Heute ist die Firma zu 100% im Besitz der Familie
Corrodi.
22
Vergl. Stadtansichten Weigele und Rohr.
23
Depot Baugeschäft Klaiber
24
Maya Orbann, Der Schweizerhof in Schaffhausen, Zürich,
April 2008 S. 25.
25
Landsknechtgruppe: Kunstdenkmäler Des Kantons Schaffhausen,
Basel 1951, S. 239.
26
Entgegen der Baueingabe mit vierer Teilung
27
Vergl. Bericht Steinhauer Meier und Lehmann, Siblingen
28
Nach heutiger Berechnungsweise beliefe sich der Wert dieses
Dachstuhls auf ca. Fr. 390‘000.- (Fr. 960.-/m3)
29
Vgl. Renzo Casetti, Stellungnahme zur Nacheingabe, 27. September
2013.
30
Vgl. Pläne Krattiger AG Ingenieurbüro für Holzbau
31
Aussage von Carlo Klaiber: Das ist der teuerste Pfeiler der
Firmengeschichte
32
Vgl. Pläne Krattiger AG Ingenieurbüro für Holzbau
33
Dachdecker U. Brunner AG, Neunkirch 40/25Stk/m2
Doppel/Einfachdeckung
34
Die Kunstdenkmäler des Kantons Schaffhausen Bd.1, S.240
35
Die Kunstdenkmäler des Kantons Schaffhausen Bd.1, S.400 Das
Bürgerhaus der Schweiz VI: Band Schaffhausen, Zürich 1946
S. 28 44-46/48
36
Die Kunstdenkmäler des Kantons Schaffhausen Bd.3, S.123
37
Die Kunstdenkmäler des Kantons Schaffhausen Bd.2, S.264 Das
Bürgerhaus der Schweiz VI: Band Schaffhausen, Zürich 1946
S. 112-113
38
Die Kunstdenkmäler des Kantons Schaffhausen Bd.3, S.145 Das
Bürgerhaus der Schweiz VI: Band Schaffhausen, Zürich
1946S. 52 106-107
39
An dieser Renovation waren 44 verschiedene Unternehmer beteiligt.
40
Von 1930-2006 erfolgten 8 Bagatell-Baueingaben (Bericht Orbann 2008)
41
Auch Namen sind Veränderungen unterworfen: Vgl. Kurt Bächtold,
Schaffhauser Nachrichten, 1.9.1956:
Einige Gebäude in und um Schaffhausen lassen gewisse Verwandtschaften
zum Schweizerhof erkennen. Die Konstanzische Schütte
34
in Schaffhausen wurde gleichzeitig wie der Schweizerhof als
Bischöfliches Amtshaus 1528 erstellt. Die Treppengiebel und die
Fassadengliederungen des
Haus zum Fels
35
entsprechen jenen des Schweizerhofes. Das
schlichte, spätgotische Gemeindehaus von
Merishausen
36
erinnert ebenfalls an den Schweizerhof. Die
Rundbogentüre des Hauseinganges und der grössere Rundbogen
als Zugang zum Ökonomieteil sind hier noch erhalten. Beim
Schweizerhof sind nur noch zwei Eingangstüren vorhanden, während
die einst grösseren Öffnungen nur noch im Mauerwerk
ansatzweise erkennbar sind. Mit dem Treppengiebelhaus Brotlaube
in Stein am Rhein
37
teilt der Schweizerhof die Entstehungszeit. Auf einem Kapitell eines
Fensterpfeilers aus Sandstein steht die Jahreszahl 1524.
Im Dachgeschoss des Aazheimerhof Neuhausen
38
,
einst die Sommerresidenz der Rheinauer Äbte, wurden vor allem
die Hafer- und Weizenerträge gelagert.
An diesem Gebäude wurde 1892 und 1956 modern und traditionell
umgebaut. Modern kann der Einbau der Schaufenster an der Nord- und
Ostfassade bezeichnet werden. Das Fassadenbild wurde im Erdgeschoss
sehr rigoros verändert und die historische Bausubstanz alles
andere als geschont. Im Erdgeschoss des Westflügels auf der
Südseite wurden gotische Fenster durch eine grosse
Rundbogenöffnung in Angleichung an die bestehenden ersetzt. Und
selbst 1956 erstellte man als Zugang zum Restaurant, auf der Seite
des Freien Platzes, wieder einen traditionellen Torbogen. In beiden
Fällen kommt die Wertschätzung der Anpassung zum Ausdruck.
Das Zeigen von wiederverwendeten Bauteilen entspricht einer
romantischen Auffassung von Denkmalpflege. In diesem Sinne passt das
eingeschlagene Konzept der Schlaglichter
zur Tradition dieses Gebäudes. Im Endeffekt gereichten die
Projektänderungen im Allgemeinen zum Vorteil und zur Erhaltung
des Status Quo und
seiner architektonischen sowie denkmalpflegerischen Wirkung.
Grosse Flexibilität aller Beteiligten während der Planung und der
Ausführung
39
konnte den Verzicht auf eine aufwändige Bauuntersuchung grössten
Teils wettmachen. Das ursprüngliche Projekt wurde mehrfach
abgeändert und verbessert und zwar im Einklang mit den
denkmalpflegerischen Erfordernissen und den Wünschen des
Bauherrn. Jede Revitalisierung ist der Erhaltung und Veränderung
unterworfen. Es ist dies eine Gratwanderung zwischen neuer Nutzung,
Erhaltungswünschen und finanziellen Möglichkeiten. Das
Projekt zeichnet sich aus in der Erhaltung einer 500jährigen
Raumstruktur welche wieder zeitgemäss bewohnbar gemacht wurde.
Trotz stark strukturierter gemeinsamer Infrastruktur sind alle acht
Wohnungen sehr verschieden und abwechslungsreich.
1529–1530 erbaut als Scheiben- oder Salzhof: öffentliches Lagerhaus mit
Beamtenwohnungen. Salz wurde in Scheiben angeliefert, daher der Name.
1673 Das Salzlager wurde ausserhalb der Stadtmauern angelegt.
1817 Eigentümer: das löbliche Säckelamt (Brandkatasterbuch)
Säckelamt drei Wohnungen im Westflügel: Verwalter Waagmeister und
Hofknecht im Südflügel: zwei Wohnungen und Bestätterei
1842 Abbruch des Wasserhofes und Schaffung des freien Platzes
1842 Abbruch des Brückenturms
1864/66 Wasserwerkgesellschaft: Neben Wohnungen auch Bürobetriebe
1892 Kauf durch Magdalena Hutterli-Rickenbach
1892 Eröffnung des Restaurants Schweizerhalle mit Tanzsaal und Bühne
am 11. September
1930 Kauf durch Hermann Hutterli
40
1946 Rehmann-Salzmann
1956 Umbauarbeiten und Namensänderung in Schweizerhof
41
1960 Der Schweizerhof geht an die Wirtefamilie Rehmann-Salzmann
2005 Schliessung des Restaurants
2009 Erwerb durch die Kornhaus Liegenschaften Schaffhausen AG mit Carlo Klaiber
Die Raumnummerierung wurde daraus übernommen.
13. März 2012 .
«Diese Namensänderung verdient ein Lob, denn im Doppelwort
“Schweizerhalle“ ging der Name unseres Landes eine
unrühmliche Mischehe ein mit jener Deutschtümelei, die in
der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts zusammen mit
Bismark und Wilhelm II. aufkam, …».